Thiemos Archiv
- Friday, 2009-06-12 21:03
- Das Hüpfspiel Justin Time wurde als »fertig« veröffentlicht. Versteht mich nicht falsch Jungs. Aber ihr habt volle sieben Jahre an einem Spiel entwickelt, Betatester eingeladen und Vieles mehr, und jetzt kann man das Ergebnis in 10 bis 15 Minuten durchspielen? Und dabei habe ich mich noch nicht einmal sehr beeilt. Ein fehlerfreier Speedrun sollte in unter fünf Minuten machbar sein.
Wo sind die restlichen Levels geblieben, die es in den Testversionen noch gab? Die Steinzeit besteht jetzt noch aus vier von so weit ich weiß geplanten zehn Levels. Jeweils drei Levels sind es in den fünf anderen Zeitepochen. Und alle sind überraschend kurz. Einer der Levels ist tatsächlich in 11 Sekunden machbar, weil man einfach gerade aus laufen kann. Und dabei ist das Einsammeln aller Gegenstände sogar schon schon mit einkalkuliert. Immerhin hat die Musik in dieser kurzen Zeit gar keine Gelegenheit, nervig zu werden. Einige der insgesamt acht Stücke hätten das Potential dazu. (Dem Spiel liegen mehr als acht OGG-Dateien bei, aber 9 Megabyte davon sind unverständlicherweise Duplikate. Das bläht den Download um ein Fünftel auf.)
Die wenigen Gegner, von denen man einige nur ein oder zweimal im gesamten Spiel zu Gesicht bekommt, sind praktisch keine Gefahr. Sie laufen stur hin und her und reagieren auf nichts. Mit einem einzigen Schuss löst sich jeder Gegner in ein Rauchwölkchen auf, egal ob Mamut oder Industriearbeiter. Wenn sie nicht gerade im Weg stehen, kann man sie auch einfach ganz ignorieren, denn Punkte gibt es für das Abschießen konsequenterweise nicht. Zudem tut man sich mit dem Treffen der kleineren Gegner schwer, denn es kann schon mal vorkommen, dass der im Bogen geworfene Gegenstand genau über den Kopf des Ziels hinweg geht. Geräusche für die Gegner, etwa wenn sie laufen oder getroffen werden, fehlen einfach ganz.
Spielmechaniken wie sich bewegende Plattformen oder zerstörbare Steine tauchen im Spiel an viel zu wenigen Stellen auf. Ein neues Spielelement wird vorgestellt, der Spieler darf sich damit vertraut machen und freut sich darauf, einige interessante Variationen mit dem neuen Element durchzuspielen. Doch dann ist überhastet alles vorbei, man darf seinen Namen in eine lokale Bestenliste eintragen und – wenn man will – von vorn beginnen. Einige Elemente wie zum Beispiel Dialogsequenzen, die es in den Testversionen noch gab, wurden gleich ganz gestrichen.
Das Einzige, womit der Spieler permanent zu kämpfen hat, ist die schrecklich unausgegorene, träge Steuerung des namensgebenden Hauptcharakters. Die Argumentation der Entwickler, dass man sich an jede neue Steuerung erst gewöhnen müsse, läuft komplett in Leere, denn wie soll man sich bei einer Gesamtspielzeit von zehn Minuten an irgend etwas gewöhnen? Bei einem so kurzen Spiel müsste die Steuerung innerhalb von 30 Sekunden in Fleisch und Blut übergehen, damit man wenigstens den Rest des Spiels genießen kann. Statt dessen muss man bis zum letzten Level damit rechnen, dass die Spielfigur scheinbar willkürlich zu kurz oder zu weit springt, in Abgründe und Feuergruben stürzt oder unvorhergesehen auf Gegnern landet, weil zu allem Überfluss die Sichtweite nach unten stark eingeschränkt ist.
»Die liebevollen Grafiken [...] helfen hoffentlich, über die anderen Mankos hinweg zu sehen« schrieb einer der Entwickler. Nein, tut mir leid, das reicht bei weitem nicht. Auch nicht für ein Freeware-Spiel. Ich weiß, das wird euch ungerecht vorkommen, denn schließlich habt ihr der Spielergemeinde ein Geschenk gemacht, und für Geschenke sollte man immer dankbar sein, egal um was es sich handelt. Aber ich denke, dass ich das Recht habe, enttäuscht zu sein.
- 2009-06-12 21:06
- Sven hat ebenfalls kritisiert.
- Thiemo
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