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Ich habe eine Frage an die Impfgegner, nun da ich selbst in der Verpflichtung bin, mich mit den Impfungen für mein Kind zu beschäftigen. Ok, ehrlich gesagt ist es nicht wirklich eine Frage, sondern fast schon ein Vorwurf. Mir ist aufgefallen, dass Impfverweigerer gern von der sogenannten »Herdenimmunität« reden. Nur frage ich mich ganz ernsthaft, was sie sich darunter vorstellen? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir ganz verschiedene Ideen davon haben, was Herdenimmunität ist und wie sie funktioniert.

Nehmen wir mal an, von 100 Kinder in der Kindertagesstätte sind 80 gegen eine bestimmte Infektionskrankheit geimpft. Eines Tages kommt eins der ungeimpften Kinder krank in die Kita. Es ist schon ansteckend, aber selbst noch nicht so krank, dass die Eltern es zu Hause behalten hätten. Was hindert in dieser Situation den Virus daran, die anderen 19 ungeimpften Kinder anzustecken? Es ist ja nicht so, dass die ungeimpften Kinder sich bewusst nur mit geimpften umgeben würden (sozusagen als »menschlicher Schutzschild«). Im Gegenteil. Soziologische und soziale Faktoren legen sogar die Vermutung nahe, dass Kinder von Impfverweigerern wahrscheinlich eher mit Kindern von Impfverweigerern verkehren. Im Zweifelsfall dauert es einfach – statistisch gesehen – ein wenig länger, bis alle 20 Kinder Kontakt miteinander hatten und sich angesteckt haben. Nur das ist meines Wissens mit dieser »magischen« Herdenimmunität gemeint: Dass eine Prozentzahl, die nur hoch genug ist (mindestens 80, besser 90 Prozent) statistisch gesehen die Verbreitung so sehr ausbremst, dass sie nicht mehr den Charakter einer Epidemie hat.

Verstanden? Dann ist es keine Epidemie mehr, bei der alle gleichzeitig krank werden. Dann ist es »nur« noch eine normale Ansteckung, bei der die Kinder eins nach dem anderen krank werden. Am Risiko für das einzelne Kind ändert das effektiv nichts. Es dauert nur länger, deshalb errechnen sich kleinere statistische Faktoren.

Schützt eure Kinder. Es gibt eine öffentliche Impfempfehlung.

viel schlimmer ist, dass es Kinder gibt die nicht geimpft werden sollten (wegen anderer Erkrankungen) und auch Impfungen nicht immer 100% Schutz bieten

Und ehe mich einer der Impfgegner falsch versteht: das sind dringende Gründe für eine Impfpflicht!

Jene Kinder, bei denen dann halt trotz existierender Impfung kein Schutz besteht, sind darauf angewiesen dass sie keinen Kontakt zu erkrankten Kindern erhalten. Die einzige Möglichkeit diese zu schützen besteht darin Herdenimmunität herzustellen.
DAT
Argumentativ hat man gegen Impfgegner leichtes Spiel. Stellt sich die Frage, warum es sie dennoch gibt? Warum gibt es immer noch Menschen, die nicht an die Mondlandung glauben? Warum gibt es immer noch Menschen, die dies oder das glauben, obwohl es nicht wahr ist?

Das Problem sind nicht die Argumente. Die sind wasserdicht. Und deren wiederholte Aufzählung ändert nichts am Zustand. Die tatsächlichen Gründe sind dagegen verborgen. Genau für solche Fälle gibt es das Konstrukt des "Staates" als gewaltengeteilter Gesetzgeber. Genau dafür brauchen wir eine Impfpflicht. Damit kehrt man die Rechtfertigungspflicht um. Nun müssen wir nicht mehr die Impfgegner überzeugen (was nicht funktioniert), sondern die Impfgegner müssen uns erklären, warum ihr Kind bitte nicht geimpft werden darf. In den meisten Fällen wird das aus mangel an Argumenten natürlich nicht gelingen, in einigen begründeten Fällen schon.

Dieses Pattern "Menschen/Unternehmen kommen von selbst nicht auf die richtige Entscheidung, die gut für sie selbst und alle andere wäre" treffen wir in einem Staat oft an. Dafür gibt es dann Gesetze. Das Tempolimit ist auch so ein Thema, welches in dieses Pattern passt. Oder Schulpflicht. Oder Krankenversicherung. Oder TÜV.

Impfpflicht! Fertig.
Dieter

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